Fraunhofer ISI - Fallstudie: Energie- und Klimapolitik von Argentinien, Indonesien und Mexiko
Paris-Abkommen: Sinkende Kosten für Erneuerbare führen nicht automatisch zu mehr Klimaschutz im Energiesektor
Sinkende Kosten für Solarmodule und Windkraftanlagen gleich weniger CO2-Ausstoß im Energiesektor - wenn diese Gleichung stimmt, wäre das ein großer Schritt für das Erreichen der Pariser Klimaziele. Denn tatsächlich sind viele Schlüsseltechnologien der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren deutlich günstiger geworden. Eine Studie zur nationalen Energie- und Klimapolitik der Länder Argentinien, Indonesien und Mexiko zeigt aber: Werden Erneuerbare günstiger, führt das nicht automatisch zu mehr Klimaschutz
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie »Decreasing costs of renewables - Insights on energy sector planning and climate policy from three country case studies«. Darin haben Forschende des Fraunhofer ISI gemeinsam mit dem NewClimate Institute untersucht, wie sich sinkende Kosten in den Schlüsseltechnologien auf die sogenannten nationalen Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) der Länder auswirken.
Die NDCs beschreiben die individuellen Beiträge der Länder zur Umsetzung des Pariser Abkommens. Die Vertragsländer haben sich im Paris-Abkommen dazu verpflichtet, eigene nationale Klimaziele im Sinne des globalen Zwei-Grad-Ziels zu definieren und diese international zu kommunizieren. Außerdem haben sie sich verpflichtet, ihre selbstgesteckten Ziele alle fünf Jahre zu aktualisieren und dabei in ihrer Ambition zu steigern. Ende dieses Jahres läuft dazu die erste Frist ab.
Fallstudie: Fossile Brennstoffe blockieren häufig den Ausbau der Erneuerbaren
Im Sinne des Paris-Abkommens könnten sinkende Kosten bei Erneuerbaren dazu führen, dass die Vertragsländer erneuerbare Energien stärker fördern und ihre Klimaziele bei der nächsten Aktualisierung dementsprechend ambitionierter formulieren. Dies ist aber laut der Studie zumindest am Beispiel von Argentinien, Indonesien und Mexiko nicht zu erkennen. Analysen der nationalen Strategien und Planungsprozesse der Länder haben gezeigt, dass fossile Brennstoffe trotz sinkender Kosten für Solaranlagen und Windkraftanlagen weiter eine zentrale Rolle spielen.
Johannes Eckstein, Koordinator des Projekts am Fraunhofer ISI, betont: »Geringe Kosten sind eine gute Basis für den Ausbau der Erneuerbaren. Dennoch finden wir eine Reihe von Barrieren in den Ländern, die verhindern, dass die globalen Kostensenkungen auch lokal zum Tragen kommen.«
»Ein Haupthindernis sind häufig finanzielle Barrieren«, sagt Jose Ordonez vom Geschäftsfeld Globale Energiewende und Nachhaltige Entwicklung des Fraunhofer ISI. »Projekte, die auf Erneuerbaren basieren, sind häufig mit höheren Zinsen belegt als Projekte auf Basis fossiler Brennstoffe. Das verhindert in einigen Ländern die Umsetzung. Hinzu kommt, dass viele Länder über große Reserven an fossilen Brennstoffen verfügen und sich Interessengruppen aus dem Umfeld der fossilen Brennstoffe häufig erfolgreich gegen die Integration von erneuerbaren Energien stemmen.« Dazu gebe es häufig technische und regulatorische Barrieren.
Energiepolitik weitgehend entkoppelt von nationalen Klimazielen
Eine zentrale Schlussfolgerung der Ergebnisse: In den untersuchten Länder ist die nationale Energiepolitik weitgehend entkoppelt von der Klimapolitik. Teilweise steht sie sogar im Widerspruch zu den nationalen Klimazielen. Die Länder fördern und nutzen weiter in großem Ausmaß fossile Brennstoffe. Dies hemmt die Dekarbonisierung der Stromversorgung, welche die Grundlage für eine vollständige Dekarbonisierung des gesamten Energiesektors darstellt.
»Während sich die Diskussionen in vielen Ländern Europas bereits darum drehen, wie eine Infrastruktur für grünen Wasserstoff erschaffen und Sektorkopplung realisiert werden kann, dominieren in einigen Schwellenländern noch grundlegendere Themen zur Integration von erneuerbare Energien im Stromsektor«, so Marie-Jeanne Kurdziel vom NewClimate Institute. Da die Kosten für erneuerbare Energien aber langfristig weiter sinken, wird sich das Gewicht der Argumente stärker zugunsten der erneuerbaren Energien verschieben, so die Autor:innen der Studie.