Fraunhofer UMSICHT
Konzept zeigt: So stellen Landkreise auf erneuerbare Energien um
Exemplarisch für den Landkreis Ahrweiler zeigt ein Konzept, wie eine Region mit vielfältigen Flächennutzungskonkurrenzen bis 2030 die Stromversorgung vollständig und die Wärmeversorgung möglichst weitgehend auf erneuerbare Energien umstellen kann. Im BMBF-geförderten Projekt EnAHRgie wurden Praxisleitfäden für Geschäftsmodelle, Verfahrensvorschläge und Analysemethoden als praktische Lösungen für den Kreis Ahrweiler entwickelt, die deutschlandweit übertragen werden können. Dr. Annedore Kanngießer von Fraunhofer UMSICHT beantwortet drei Fragen zum Projekt.
1. Kommunen in der Strom- und Wärmeversorgung künftig komplett auf erneuerbare Energie umzustellen ist eine Herausforderung. An Motivation oder Ehrgeiz mangelt es den Kommunen meist nicht, oft jedoch an Methoden und Konzepten für die konkrete Umsetzung der Energiewende. Hier setzt das Forschungsprojekt EnAHRgie an, das exemplarisch für den Kreis Ahrweiler ein Konzept für die Umstellung auf erneuerbare Energie entwickelt. Der Abschlussbericht der seit März 2015 bearbeiteten ersten Phase des Projekts wurde vor wenigen Tagen im Rathaus Bad Neuenahr präsentiert. Was sind die Kerninhalte des Berichts?
Dr. Kanngießer: Der Bericht fasst die Ergebnisse der verschiedenen Aspekte »Technik«, »Ökonomie«, »Partizipation« und »Kooperation« zusammen, zu denen es jeweils Leitfäden mit weiterführenden Informationen gibt. Alle diese Teilbereiche sind wichtig und müssen eng miteinander verzahnt werden, um die Idee zur Energiewende im Landkreis Ahrweiler in die konkrete Praxis umzusetzen.
Aus technischer Sicht wurden zunächst die Ist-Situation der Energieversorgung sowie zukünftige Potenziale erfasst. Daraus wurden Vorschläge erarbeitet, wie der künftige Technologiemix für die Strom- und die Wärmeversorgung im Landkreis aussehen kann. Dabei war es uns im Projekt wichtig, den lokalen Akteuren eine umfassende Entscheidungsgrundlage zu bieten. Hierfür wurden ihnen verschiedene technologische Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt und jeweils dargestellt, welche ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen diese mit sich bringen. (siehe Grafik »Der Weg von der Idee zur lokalen Energiewende hin zu den vorgeschlagenen Technologieportfolien«).
Aus ökonomischer Perspektive wurde die Gestaltung möglicher Geschäftsmodelle erarbeitet sowie Lösungsansätze für mögliche Hindernisse skizziert, die im Zuge eines Investments in Anlagen oder Effizienzmaßnahmen auftreten können. Das Kapitel zur Kooperation zeigt auf, wie Kommunen und lokale Stakeholder eine passgenaue und effiziente regionale Zusammenarbeit aufsetzen können. Das Partizipationsmodell skizziert wie Bürger*innen frühzeitig in Planungsverfahren und Entscheidungsprozesse eingebunden werden können.
Um die Umsetzung zu unterstützen, wurden in allen vier Teilbereichen Maßnahmenempfehlungen erarbeitet. Darin werden konkrete Schritte beschrieben, die für die Realisierung vor Ort als Nächstes erforderlich sind.
2. Wie viele Partner haben im Projekt mitgearbeitet und welche Aufgaben hat Fraunhofer UMSICHT im Rahmen des Projekts bearbeitet?
In der ersten Phase des Projekts haben acht wissenschaftliche Partner und sechs Praxispartner aus Politik, Verwaltung, lokaler Wirtschaft und Zivilgesellschaft eng unter Leitung der EA European Academy in Bad Neuenahr-Ahrweiler zusammengearbeitet. Dank der interdisziplinären Ausrichtung der Projektgruppe konnte das Projekt umfassend angegangen werden und liefert viele für die Praxis verwertbare Ergebnisse.
Als Experte für dezentrale Energieversorgungssysteme war Fraunhofer UMSICHT im Schwerpunkt mit der Entwicklung der energetischen Entwicklungspfade betraut. Hierzu wurde unter anderem ein Simulationstool entwickelt, welches die Größenordnungen der Potenziale verdeutlicht und Wechselwirkungen zwischen den Effizienzmaßnahmen und den möglichen Erzeugungsanlagen für die Wärme- bzw. Stromversorgung aufzeigt. Das Tool wurde sowohl in der wissenschaftlichen Erarbeitung der Technologieportfolien eingesetzt als auch in Partizipationsformaten, um den lokalen Akteuren die Auswirkung verschiedener Technologien auf die Zielerreichung zu verdeutlichen.
3. Wie geht es mit dem Projekt weiter?
Nachdem das Energiekonzept für den Landkreis Ahrweiler nun erarbeitet ist, sollen die Methoden, Instrumente und Lösungen in der zweiten Phase auf drei andere Landkreise übertragen werden. Derzeit befinden wir uns in vorbereitenden Gesprächen mit mehreren Landkreisen. 2018 soll die Übertragung starten. Der Erkenntnisgewinn im Rahmen der Übertragung soll zur Erweiterung der Leitfäden genutzt werden. Ziel ist es, dass die Leitfäden möglichst vielen, auch unterschiedlich gearteten Landkreisen eine Hilfestellung zur Umsetzung der lokalen Energiewende bieten. Der Projektabschluss ist für Februar 2019 geplant.
Leitfäden zur weiteren Information
Das EnAHRgie-Projekt bietet veröffentlichte Leitfäden zu 'Szenarien und Technologieportfolien', 'Ökonomie', dem 'Partizipationsmodell' und 'Kooperation und Verstetigung'.